Interview mit dem Alumnus Dirk Nuber
Alumnus Dirk Nuber hat an der Universität Karlsruhe (TH) Verfahrenstechnik studiert und sein Studium 1998 mit einer externen Diplomarbeit bei Lurgi Metallurgie GmbH (heute Outokumpu Technology GmbH) abgeschlossen. Seine anschließende Tätigkeit als Verfahrensingenieur bei Lurgi Metallurgie führte ihn in verschiedene Länder der Welt: Südafrika, Australien, Kasachstan – und auf die Insel Trinidad. Neben dieser Arbeit promovierte Dirk Nuber am Institut für Eisenhüttenkunde der RWTH Aachen. 2004 kam er zum zweiten Mal als Inbetriebabnahmeleiter nach Trinidad. Seither hat die Insel ihn nicht mehr losgelassen. Dort hat er auch die Frau kennengelernt, mit der er nun bald ein Jahr verheiratet ist. Inzwischen arbeitet der 35-Jährige als Verfahrensingenieur im Projektmanagement für Woodgroup, ein globales Ingenieurunternehmen in der Öl- und Gasbranche. AlumniKaTH sprach mit Dirk Nuber über seinen Werdegang und über das Leben auf Trinidad.
Herr Nuber, wie hat die Universität Karlsruhe Sie geprägt? Woran haben Sie besonders lebhafte Erinnerungen?
Das Studium an der Universität Karlsruhe hat eine lange Zeit meiner Berufsausbildung geprägt. Allein durch die vielen Bekannten und Freunde aus dieser Zeit bleiben mir Karlsruhe und seine Universität immer in guter Erinnerung. Mit dem großzügigen Angebot an sportlichen Veranstaltungen und natürlich den rauschenden Festen hat die Universität diese Bindungen stark gefördert. Neben einem hervorragenden Ruf und einer exzellenten Ausbildung hat die Universität Karlsruhe natürlich auch andere Vorzüge. Die Lage nahe dem Stadtzentrum und die gleichzeitige Nähe eines riesigen Naherholungsgebietes sind wohl einzigartig. Auf dem Campus und während der Vorlesungen habe ich mich meist wohl gefühlt – wären da nicht die bangen Minuten vor den Listen der Klausurenergebnisse gewesen, die ich nicht unbedingt vermisse.
Wie gut hat die Universität Sie aufs Berufsleben vorbereitet?
Ich würde von einer Universität nicht verlangen, dass sie mich auf alle beruflichen Situationen bestens vorbereitet. Eine Universität legt die fachliche Basis für die persönliche Entwicklung durch persönliches Engagement. Fachlich habe ich mit Sicherheit ein Maximum an Ausbildung zum Verfahrensingenieur an der Uni Karlsruhe erhalten. Soziale, sprachliche und organisatorische Vorbereitung bot die Universität großenteils ebenfalls an, aber sowohl diese als auch die externe Erfahrung in Praktika und Jobs musste ich mir durch Eigeninitiative erarbeiten. Das halte ich für die vielleicht wichtigste Vorbereitung auf das Berufsleben: Eigeninitiative zeigen. Diese Vorbereitung kann und sollte eine Universität ihren Studierenden nicht abnehmen.
Wie unterscheidet sich das Arbeitsleben auf den Westindischen Inseln von dem in Deutschland?
Trinidad ist eine kleine Insel mit großen Öl- und vor allem Gasressourcen. Wie nahezu überall auf der Welt, wo es Erdgas und Öl gibt, tummeln sich hier die ganz Großen der Energiebranche und der energieintensiven verarbeitenden Industrie, und es kommen jährlich neue Firmen hinzu. Dieser Boom schafft natürlich viele Arbeitsplätze, und das kleine Land bemüht sich eifrig und erfolgreich, die erforderlichen Fachkräfte anzuziehen. Allerdings wurde das Wort Stress mit Sicherheit nicht von den Einwohnern von Trinidad – den Trinis – erfunden, was Trinidad aber noch nicht einzigartig macht. Das Streben nach Erfolg und Karriere ist dem Trini fremd. Geld verdienen ohne Zukunftsplanung ist eine Grundeinstellung. Das ganzjährige tropische Klima fördert die stressfreie Arbeitsmoral natürlich. Eifer zeigt der Trini lediglich beim Veranstalten eines Limes – das ist eine Party – und nicht zu vergessen beim Gestalten des Karnevals. Wer das karibische Leben genießen und zugleich hart arbeiten kann, der hat hier unbegrenzte Möglichkeiten.
Vermissen Sie etwas aus Deutschland?
Ein gutes Mehrkornbrot. Für fast alles andere gibt es einen gleichwertigen Ersatz – was nicht unbedingt bedeutet, dass ich zum Beispiel das kulturelle Angebot in Deutschland nicht vermisse, weil in Trinidad der Karneval phantastisch ist. Natürlich vermisse ich auch meine Familie und meine Freunde, aber per E-Mail, Voicechat, Telefon und natürlich bei diversen Besuchen können wir recht komfortabel in Kontakt bleiben. Skifahren vermisse ich wohl im gleichen Maße, wie ich in Deutschland den Strand und die Wanderungen durch den Urwald zu verborgenen Wasserfällen vermissen würde.
Wie sehen Sie die derzeitige Arbeitsmarktsituation in Ihrer Branche – in Deutschland und weltweit? Was könnte eine Universität tun, um ihre Studierenden optimal auf diesen Arbeitsmarkt vorzubereiten? Was würden Sie Studierenden raten?
Meiner Erfahrung nach ist der Arbeitsmarkt für Verfahrensingenieure seit rund zwei Jahren weltweit phantastisch. Viele Länder suchen händeringend nach Fachkräften und organisieren dafür sogar politische Kampagnen, wie beispielsweise Australien. Selbst in Deutschland halte ich den Markt für sehr lukrativ. Eine Universität kann neben der Ausbildung und Fremdsprachenkursen ihren Studierenden mit Auslandspraktika, Studienarbeiten und Diplomarbeiten eine phantastische Vorbereitung auf das fast immer globale Ingenieurleben bieten. Wer mit Auslandserfahrung und der entsprechenden sprachlichen Qualifikation sowie etwas Berufserfahrung in einem Studentenjob – bevorzugt extern – aufwarten kann, braucht sich keine Sorgen um eine Arbeitsstelle zu machen. Des Weiteren ist seit langem bekannt, dass Teamgeist eine immer größere Rolle spielt. Ein Erfahrungsschatz an gesellschaftlichen Aktivitäten macht sich immer gut in einer Bewerbung. Von fast allen Ingenieuren wird mittlerweile Flexibilität erwartet. Bei der Jobsuche sollte sich daher jeder darüber im Klaren sein, bis zu welchem Grad er bereit ist, Flexibilität bei Auslandseinsätzen zu zeigen. Das sollte Thema eines jeden Bewerbungsgesprächs sein, wobei der Arbeitgeber klären muss, wie weit die Flexibilität geht. Kein Job der Welt ist es wert, Familie und Freunde über Bord zu werfen, nur weil der Arbeitgeber nicht für ausreichende Organisation und Planung sorgt. Flexibilität ist auch ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Fachgebietes. Die Universität kann diese Flexibilität mit einer breiten Basisausbildung fördern. Im Beruf muss sich jeder Einzelne entscheiden, ob er in die fachliche Tiefe oder in die Breite geht. Obwohl fachliche Tiefe sehr spannend und auch befriedigend ist, zahlt sich fachliche Breite durch erhöhte Flexibilität aus, was auch eine hervorragende Zukunftsinvestition darstellt. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich niemanden raten, sich so weit in ein Fachgebiet zu vertiefen, dass diese Flexibilität verlorengeht.