Interview mit Dr. Bernd Weis

©ErikaBorbélyHansen

Nach dem Elektrotechnik-Studium in Karlsruhe ging Dr. Bernd Weis als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes in die USA, um dort an der University of California einen Master zu machen. Sein Wissensdurst führte dazu, dass er sich für eine Promotion am KIT entschied und erst nach weiteren 4 Jahren von der Uni zur Wirtschaft wechselte. Nach 22 Jahren bei Alcatel ist Bernd Weis heute selbstständiger Berater, Buchautor und Erfinder.  

 

 

Sie haben ein Jahr in den USA studiert. Welche Unterschiede im Studium haben Sie entdeckt?

Als einer der ersten Ingenieure habe ich ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes bekommen und konnte damit in die USA an die University of California für ein Jahr gehen. Das Niveau der beiden Universitäten war hoch, allerdings war in den USA das Studium eher einer Schule ähnlich. Während in Karlsruhe in einer Vorlesung schon mal 100 oder mehr Studierende saßen, gab es in den USA eine Klasse mit ca. 30 Leuten. Der Kontakt zum Professor war dadurch deutlich intensiver. Allerdings gab es auch an der Uni Karlsruhe ähnliche Situationen: im Hauptstudium waren die meisten Kurse genauso klein und intensiv oder aber auch wenn ich etwas ausgefallenere Vorlesungen besucht habe, waren wir manchmal nur fünf Studenten im Hörsaal.

 

Wenn Sie zurück auf Ihre Studienzeit blicken, welche Erfahrung hat sie geprägt und weiter gebracht?

Die fachliche Ausbildung sowohl in Karlsruhe als auch in den USA war exzellent. Viel mehr Einfluss hat jedoch das drum herum. Ich habe während meines Studiums schon sehr früh angefangen als HIWI an einem Institut zu arbeiten. Durch die lange Zeit am Institut für theoretische Elektrotechnik habe ich viele gute Kontakte geknüpft, die mir später weitergeholfen haben. Zudem konnte ich mir durch das zu dieser Zeit ordentliche Gehalt das ein oder andere leisten und ich habe es dazu genutzt, viel über den fachlichen Tellerrand hinauszuschauen und Neues zu erleben.

Vor allem die Zeit in den USA hatte einen starken Einfluss auf mich. Es war ein sehr intensives Jahr, da ich neben dem Studium sehr viel gereist bin.

In der Jugend erlebt man Auslandsaufenthalte noch sehr viel intensiver und nimmt noch viel mehr mit für die persönliche Lebensplanung als man das dann später noch tut. Man hat ja selbst noch viele Träume und Vorstellungen, wie man sein Leben gestalten möchte, kann sich hier viele Anregungen holen und Denkanstöße geben lassen, wenn man sich darauf einlässt, die andere Kultur kennen zu lernen.

 

Nach Ihrem Aufenthalt in den USA haben Sie promoviert. Warum sind Sie dafür zurück nach Karlsruhe gegangen?

Ich wollte damals endlich auf eigenen Beinen stehen. Aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich noch nicht genug gelernt habe und deshalb wollte ich noch weiter an der Uni bleiben. Allerdings wollte ich mein eigenes Geld verdienen und nicht mehr „nur“ Student sein. Aus dem Lehrstuhl, bei dem ich als HIWI gearbeitet hatte, habe ich dann ein Angebot für eine Promotionsstelle erhalten und natürlich zugegriffen – in den USA ist man während der Promotion tatsächlich mehr Student als Wissenschaftler. Neben der Lehrtätigkeit, durch die ich viel gelernt habe, hat mir die Promotion vor allem auch dabei geholfen, mein Netzwerk weiter auszubauen.

 

Sie sind nach Ihrer Promotion in die Wirtschaft gegangen und waren dann 22 Jahre bei Alcatel.

Mein erster Tag bei Alcatel war interessanterweise auch der erste Tag des Unternehmens! Ich habe bei Alcatel viele verschiedene Aufgaben wahrgenommen. Zunächst war ich viel in der Entwicklung und Forschung. Wir hatten viele Ideen und Vorschläge – heute sind einige davon absoluter Standard, damals sind sie wieder in der Schublade verschwunden, weil sich keiner vorstellen konnte, dass das jemand brauchen würde.

Damit sind wir auch schon beim Stichwort Innovation. Sie haben das Praxishandbuch Innovation* geschrieben. Woher weiß man, dass die eigene Idee/Erfindung ein Hit wird?

Wenn es um etwas vollkommen Neues geht, kann man das nie wissen! Jeder Erfinder ist davon überzeugt, dass die Menschheit auf die Idee schon lange gewartet hat – die meisten haben nicht Recht. Auch Marktanalysen helfen hier nicht, da es unmöglich ist, einen Bedarf für etwas vollkommen Neues zu erkennen. Hätte man vor 10 Jahren eine Umfrage auf der Kaiserstraße gemacht, ob die Leute ein Smartphone brauchen, hätten vermutlich 80% gesagt, nein, 5% ja, find ich super und 15% hätten gesagt, vielleicht. Heute können sich viele ein Leben ohne ein Smartphone gar nicht mehr vorstellen. Gleiches gilt ja auch für den PC.

Neben einer guten Idee ist es also auch immer wichtig, sie zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt zu bringen und vor allem auch mit einem guten Marketing und am besten mit einer Geschichte, die das Ganze trägt. Die Story von Bill Gates als Bastler aus der Garage ist ein gutes Beispiel hierfür.

 

Welche Arbeitsbedingungen herrschen Ihrer Erfahrung nach in innovativen Unternehmen vor?

Ist es Ihnen schon einmal so gegangen, dass Ihnen ein Name eingefallen ist, den sie letzte Woche gesucht hatten? In dem Moment war das vollkommen nutzlos für Sie, aber Sie haben sich vollkommen ohne Zusammenhang daran erinnert. Ähnlich ist es mit den Innovationen, die etwas vollkommen Neues hervorbringen. Diese entstehen durch Kreativität und Kreativität braucht Freiräume. Fragt man die Leute, wo Ihnen Ideen und Einfälle kommen, so erfährt man zumeist, dass diese in der Freizeit kommen – beim Wandern, beim Sport, unter der Dusche, oder auch kurz vorm Einschlafen. Damit diese Ideen auch verfolgt werden, muss es im Unternehmen die Möglichkeit geben, diese unmittelbar weiter zu entwickeln. Hierfür müssen Freiräume im Unternehmen vorhanden sein. Sind Sie mit der täglichen Arbeit bis zum Anschlag ausgelastet, so haben Sie diese Freiräume nicht mehr und können die Idee nicht weiter verfolgen. Zu der Person mit der Idee gehört also auch immer eine Führungskraft, die dieser die Chance gibt, die Idee weiter zu verfolgen. Dazu gehört viel Vertrauen und eben auch die Einsicht, dass die Arbeitskraft nicht zu 100% in ein bestehendes Projekt eingeplant werden kann. Bei Alcatel habe ich ein solches Umfeld vorgefunden und als Führungskraft auch weiter gestaltet. In meiner Zeit dort habe ich einige Patente angemeldet und das Buch hätte ich ohne diese jahrelange Erfahrung nicht schreiben können.

 

 

 

 


* Bernd X. Weis, Praxishandbuch Innovation – Leitfaden für Erfinder, Entscheider und Unternehmen, Springer-Gabler-Verlag, Wiesbaden, 2012