Interview mit dem Alumnus Rainer Ellenberger
Maler am Himmel
Tina Turner, PUR und die Bee Gees gehören zu seinen Kunden. Die Feierlichkeiten zur Deutschen Wiedervereinigung machte er mit seiner Arbeit zu einem unvergesslichen Erlebnis. Das Sommerfest zur Fusion der Universität Karlsruhe und dem Forschungszentrum Karlsruhe erhielt dank seines Einsatzes einen besonderen Glanz. Alumnus Rainer Ellenberger studierte in Karlsruhe Maschinenbau, betreibt aber inzwischen ein Büro für Pyrotechnik. Wie er zur Feuerwerkskunst kam und wie viel Technik in den emotionalen Feuerwerken steckt, berichtet er im Gespräch mit Elke Schmidt.
Herr Ellenberger, nach Ihrem Studium arbeiteten Sie auch einige Zeit als selbständiger Ingenieur. Warum die Umsattlung auf Pyrotechnik? Können Sie in Ihrem „neuen“ Beruf auf Wissen aus dem Studium zurückgreifen?
In meinem Ingenieurbüro habe ich mich mit Maschinen- und Anlagenbau befasst, ich hatte mich auf Faserverbundwerkstoffe spezialisiert. Viele meiner Kenntnisse in diesem Bereich hatte ich in der Akademischen Fliegergruppe der Uni – der Akaflieg Karlsruhe – erworben. Eines Tages bekam ich den Auftrag eines Feuerwerksherstellers zur Entwicklung und dem Bau von Abschussvorrichtungen für Großfeuerwerk aus Glasfaser verstärkten Kunststoffen. Das bedeutete eine Gewichtseinsparung bei gleichzeitiger Erhöhung der Sicherheit, da so die Splitterbildung bei Rohrkrepierern verhindert werden konnte. Mein Wissen in den Bereichen Festigkeitslehre, Werkstoffkunde und technische Mechanik, das ich im Studium erworben hatte, konnte ich auch in diesem Bereich gut gebrauchen. Was mich an der Pyrotechnik fasziniert, ist die Beherrschung der Naturgewalten – ähnlich wie beim Segelfliegen. Und dann gibt es das Sprichwort: „Wer einmal Pulverdampf gerochen hat, kommt nicht mehr davon los!“ Da muss wohl was Wahres dran sein.
Auf Ihrer Homepage geben Sie an, „die Tradition Feuerwerk von der ingenieurmäßigen Seite“ anzugehen. Was bedeutet das für Sie in Ihrem Arbeitsalltag?
Bei der Abwicklung des o.g. Auftrags haben wir bei den Belastungstests diverse Druck- und Dehnmessungen durchgeführt und erhielten dadurch interessante Werte zu den Steighöhen der Feuerwerkskörper in Abhängigkeit von Bombengewicht, Rohrlänge und Menge der Ausstoßladung. Mit diesem Wissen in Verbindung mit unserem vollelektronischen Zündsystem können wir genaue in der Höhe gestaffelte Feuerwerksbilder an den Himmel schießen – also mit Hilfe der Technik quasi „am Himmel malen“.
Bei der Planung Ihrer Feuerwerke spielt auch der Computer eine wichtige Rolle. Mit Hilfe eines Programms errechnen Sie die notwendigen Materialien für die individuellen Feuerwerke. Bei der Entwicklung arbeiteten Sie eng mit dem KIT zusammen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Die Entwicklung unserer elektronischen Zündfolgensteuerung wurde von meinen ehemaligen Flugschülern in der Akaflieg durchgeführt, die damals in ihrer aktiven Studienzeit und Tätigkeiten in der Akaflieg am KIT (damals eben noch Uni Karlsruhe) waren. Zu den Personen, die damals involviert waren, habe ich heute noch Kontakt und die, die hier in der Region geblieben sind, sind noch heute bei besonderen Shows (wie z.B. der großen KIT-Show im Schlossgarten Karlsruhe) als Helfer und teilweise Pyrotechniker dabei.
Worauf kommt es bei einem mitreißenden Feuerwerk an? Steckt in einem Großfeuerwerk mehr rationale Analyse und Berechnung oder mehr eine Intuition für die richtigen Stimmungen?
Emotionen lassen sich am besten erzeugen durch eine optimale Kombination von Effekten zu mitreißenden Musikmischungen – so sind Gänsehaut und Tränen garantiert! Erfahrungswerte aus den Reaktionen des Publikums und ein wenig Intuition sind hier die richtige Mischung. Je besser und präziser die technischen Möglichkeiten sind, das Feuerwerk an den Himmel zu schießen, desto mehr Spielraum habe ich, mich künstlerisch auszutoben.
Zur Feier der Wiedervereinigung 1990 zauberten Sie ein gewaltiges Feuerwerk an den Berliner Himmel. Wie haben Sie den Abend erlebt?
Mit einem Team von 12 Pyrotechnikern sind wir damals nach Berlin gefahren, um insgesamt 3 große Feuerwerke gleichzeitig synchron zur Musik abzuschießen, die zu 16 Aktionsbühnen zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz übertragen wurde. Da man Angst vor einem Massenandrang hatte, wurden die Abschussorte der drei Feuerwerke nicht veröffentlicht. Die Anordnung der drei Shows war an den Spitzen eines gleichschenkligen / gleichseitigen Dreiecks um die Aktionsbühnen. So war es egal wo man stand, eines der drei großen Feuerwerke hat man immer optimal erleben können.