Mit offenen Augen
Von Gütersloh nach Karlsruhe und – mit Zwischenstationen – wieder zurück:
Dr. Markus Miele hat in den 90er Jahren am KIT Wirtschaftsingenieurwesen studiert, seit 1999 gehört er der Geschäftsführung des Unternehmens Miele an, dessen Leitung in den Händen der Familien Miele und Zinkann liegt. Am KIT unterstützt (die Firma) Miele unter anderem den CareerService.
Im Interview erzählt er, wie ihn der Austausch mit Forscherinnen und Forschern bis heute inspiriert.
Herr Miele, Sie sind ein Gütersloher Gewächs – Ihr Studium aber hat Sie nach Karlsruhe geführt.
Was war der Grund?
MIELE: Zunächst sprach mich das Themenspektrum im Wirtschaftsingenieurwesen mehr an als eine frühe Konzentration auf BWL oder Maschinenbau. Nahe der Heimatstadt wollte ich nicht bleiben – am Ende standen Darmstadt und Karlsruhe zur Auswahl. Bekannte, die an den beiden Standorten studierten, nahmen mich in Vorlesungen mit. Karlsruhe gefiel mir besser.
Haben Sie noch Kontakt zu Kommilitoninnen und Kommilitonen?
MIELE: Ja. Die Studienanfänger kamen aus ganz Deutschland, nur einer stammte aus Karlsruhe. Wir haben schnell als Gruppe zusammengefunden – der harte Kern trifft sich bis heute einmal im Jahr, zuletzt in den Osterferien. Mittlerweile sind bei den Treffen auch unsere Familien dabei.
Als einer von fünf Geschäftsführern leiten Sie ein Familienunternehmen, das seit mehr als 100 Jahren erfolgreich ist. Profitieren Sie dabei von Ihrem Studium?
MIELE: Das Erforschen von Grundlagen, das Denken in Modellen, hat mir sehr geholfen.
Die Übung darin, sich in kurzer Zeit viel anzueignen, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Vor allem aber lernt man viel über sich selbst: Wie verhalte ich mich im Team, wie lerne ich am effizientesten?
Ich habe jedes Vorlesungsskript auf zehn Seiten komprimiert, um den Inhalt zu verinnerlichen.
Stand die Karriere im Familienunternehmen von Beginn an fest?
MIELE: Nein - ich bin ein Mensch, der die Augen offen hält, der nach links und rechts schaut. Als Student habe ich Praktika in der Medienbranche gemacht, danach in St. Gallen promoviert. Und meine erste berufliche Station
war bei einem großen Automobilzulieferer.
Anfang 2011 sind Sie mit Dr. Reinhard Zinkann in die „Hall of Fame der Familienunternehmen“ aufgenommen worden, mit 2,83 Milliarden Euro hat die Miele-Gruppe im Geschäftsjahr 2009/10 den höchsten Umsatz der Unternehmensgeschichte erzielt. Was ist Ihr Rezept?
MIELE: Meine Vorbilder sind die Vorgängergenerationen – zum Beispiel die Gründer, die im ersten Produkt, einer Buttermaschine, das Potenzial für eine Waschmaschine entdeckten.
Wir sind ein kontinuierliches Unternehmen, das von Anfang an auf Qualität setzte, die ihren Preis hat, auf Beständigkeit und einen langen Atem. Darauf bin ich stolz: Auch als im Zweiten Weltkrieg von den Gebäuden des
Unternehmens fast nichts mehr stand, sind die früheren Vorstände sich treu geblieben. Das schließt mutige Versuche ein: Noch heute fahren Miele-Fahrräder durch Gütersloh – 50 Jahre nachdem die Produktion eingestellt wurde, weil die Unternehmensleitung erkannt hat, dass dies für Miele kein erfolgversprechendes Feld war.
Sie haben an der Fachhochschule Bielefeld das Forschungslabor „mieletec“ für Garverfahren ausgestattet und einen Mitarbeiter finanziert. Wie wichtig ist die Forschung für den Erfolg Ihres Unternehmens?
MIELE: Ich bin in der Geschäftsführung für Technik und Fertigung verantwortlich – da sind die Hochschulen für mich ein wichtiger Gesprächspartner. Sie liefern uns gute Ideen und hervorragendes Personal. Ich habe unter anderem einen Praxisdialog auf den Weg gebracht, bei dem sich rund 60 Ingenieure des Unternehmens und Professoren von Hochschulen aus dem ganzen Bundesgebiet treffen.
Dabei wollen wir die Probleme der Universitäten kennen lernen, die Wissenschaftler aber auch sensibilisieren für Unternehmensfragen. Das Ziel ist, von der jeweiligen Gegenseite zu erfahren, wo der Schuh drückt.
Zur Person
Dr. Markus Miele, geboren 1968, machte sein Abitur am Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh, studierte von 1989 bis 1994 Wirtschaftsingenieurwesen in Karlsruhe und promovierte an der Universität St. Gallen. Er trat am 1. Juli 1999 in das Unternehmen Miele ein, seit Juli 2002 ist er geschäftsführender Gesellschafter von Miele & Cie. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
Anfang 2011 nahm das Handelsblatt Markus Miele und Dr. Reinhard Zinkann, die den Konzern in der vierten Generation leiten, in die „Hall of Fame der Familienunternehmen“ auf. 2009 ehrte die Intes Akademie für Familienunternehmen und das Unternehmermagazin Impulse beide als Familienunternehmer des Jahres.
Markus Miele engagiert sich unter anderem als Vorsitzender des Unternehmerverbandes für den Kreis Gütersloh.