Interview mit Alumnus Dr. Dominik Möst
"Zukunftsträchtige Forschung"
AlumniKaTH gratuliert Alumnus Dr. Dominik Möst zu dem Gewinn des diesjährigen Sparkassenumweltpreises. Möst studierte von 1996 bis 2001 an der Universität Karlsruhe. Er ist in Stuttgart geboren und in Beilstein in der Nähe von Heilbronn aufgewachsen. Seit seinem Studium ist er der Fridericiana treu geblieben. Möst erreichte hier die Doktorwürde und wird in den nächsten Jahren habilitieren. Eléna Fichtner sprach mit ihm über sein Studium in Karlsruhe und über ein Thema, dem er viel Zeit widmet: erneuerbare Energien in Deutschland und Europa.
Sie haben am der Universität Karlsruhe (TH) Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Gab es ein besonderes Erlebnis während Ihrer Studienzeit?
Ich erinnere mich gern an die Orientierungsphase, die von den Studierenden für die Erstsemester organisiert wird. Uns wurde gesagt, dass wir an einem Aufholkurs in Mathematik teilnehmen müssen. Man hat wirklich gar nichts verstanden und nach 1 ½ Stunden hat sich schließlich herausgestellt, dass wir von der Fachschaft veräppelt wurden. Es wurde jemand organisiert, der uns etwas aus der Höheren Mathematik III erzählte. Es war also gar kein Aufholkurs.
Sie arbeiten am Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion. Womit beschäftigen Sie sich?
Ich habe angefangen in der Arbeitsgruppe Energiesystemanalyse und Umwelt und habe mich dort mit der Analyse von Energiesystemen beschäftigt. Der Schwerpunkt lag dabei auf den erneuerbaren Energien in Südostasien und der Förderungen von erneuerbaren Energien in Europa. Wir haben untersucht, worin die Unterschiede in der Förderung von erneuerbaren Energien in den verschiedenen europäischen Ländern bestehen und welche Ansätze den größten Erfolg versprechen.
Und welche Ansätze versprechen den größten Erfolg?
Wenn die Stromerzeugung aus erneuerbare Energien konsequent erhöht werden soll, dann ist die Einspeisevergütung, wie wir sie in Deutschland haben, sicher ein guter Weg. Die Investoren bekommen die Sicherheit, dass sie ihren Strom in den nächsten 20 Jahren zu einem Festpreis verkaufen können. Die Einnahmen des Investors sind langfristig gesichert. In Deutschland hat dies beispielsweise zu dem starken Ausbau der Windenergie geführt.
Womit setzen Sie sich momentan auseinander?
In meiner Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns mit der Modellierung von Energiesystemen, um unterschiedliche Fragestellungen zu beantworten. Wir fragen uns beispielsweise in wie weit sich die Strompreise an der EEX (European Energy Exchange, Deutsche Strombörse) erklären lassen. Dort wird der Strom für jede Stunde eines Tages jeweils einen Tag im Voraus gehandelt. Für Grundund Mittellast lassen sich die Preise relativ gut mit Modellansätzen erklären. Zu Spitzenlastzeiten gibt es häufig Preisausreißer oder höhere Preise, die man nicht unbedingt mit Fundamentalmodellen erklären kann. Um diese Preise bei knappen Kapazitäten besser zu modellieren, beschäftigen wir uns mit Ansätzen aus der Multiagentenbasierten Simulation. Dann engagieren wir uns im Rahmen des SESAMProjektes (Selbstorganisation und Spontaneität in liberalisierten und harmonisierten Märkten). Wir beschäftigen uns dort mit der Vision einer zukünftigen Energieversorgung, in der vermehrt dezentrale Energieumwandlungstechnologien eine Rolle spielen. Außerdem sollen intelligente Energiemanagementsysteme eingesetzt werden, die dazu führen, dass der Strombedarf zu Spitzenlastzeiten reduziert wird, bzw. die Last verschoben wird. Dabei fragen wir uns, wie der Elektrizitätsmarkt auch dezentral organisiert werden kann und welche Auswirkungen sich dadurch beispielsweise auf die Stromnetze ergeben. Zudem beschäftigen wir uns in meiner Arbeitsgruppe mit verschiedenen Modellanalysen. Wir haben unter anderem den kompletten Gasmarkt von der Exploration in Russland bis zum Endkunden modelliert. Dies taten wir, weil wir feststellten, dass es zu einem verstärkten Anstieg der Gasverstromung kommt, wenn die CO2-Emissionsminderungsziele im Energiesektor erreicht werden sollen. Daraus resultiert natürlich auch ein Anstieg der Gasnachfrage und wir wollten wissen, wie sich der zukünftige europäische Gasmarkt entwickelt und ob sich dadurch auch der Gaspreis erhöht. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeiten liegt in der modellgestützten Analyse von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Dabei beschäftigen wir uns mit unterschiedlichen Fragestellungen, unter anderem: Wie und durch welche Technologien lassen sich die von der europäischen Union geforderten Anteile der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung kosteneffizient erreichen und welche Anreize sind hierfür notwendig?
Sie haben dieses Jahr den Sparkassenumweltpreis gewonnen. Das Thema Ihrer Arbeit lautet: „Zur Wettbewerbsfähigkeit der Wasserkraft in liberalisierten Elektrizitätsmärkten – Eine modellgestützte Analyse dargestellt am Beispiel des schweizerischen Energieversorgungssystem“. Können Sie für uns zusammenfassen, worum es dabei ging?
Ja, das war meine Doktorarbeit. Ich habe mich mit der Modellierung des Schweizer Energiesystems, genauer mit der Wasserkraft beschäftigt. Im Wesentlichen ging es darum, in wie weit die Neukonzessionierung von Wasserkraftanlagen in einem liberalisierten Strommarkt rentabel ist. In einem regulierten Markt waren Neubauten einer Investitionsaufsicht unterstellt. Der Bau wurde dann durch die Umlegung der Ausgaben auf die Endkunden refinanziert. Im liberalisierten Markt ist das nicht mehr so. Dort ergeben sich die Strompreise an der Börse. Der schweizerische Elektrizitätsmarkt ist noch nicht liberalisiert. Im Jahr 2000 gab es durch das Elektrizitätsmarktgesetz den ersten Entwurf für eine Liberalisierung. Dieser wurde von der Bevölkerung abgelehnt, weil unter anderem befürchtet wurde, dass die Wasserkraftanlagen nicht rentabel wären. Auf dieser Basis ist dann ein Projekt entstanden, das sich mit der Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wasserkraftwerke in einem europäischen Markt, und in einem liberalisierten Schweizermarkt beschäftigt. Dabei haben wir uns gefragt, ob neue Anlagen gebaut werden und ob bestehende Altanlagen bei einer anstehenden Konzessionserneuung wirtschaftlich weiterbetrieben werden können.
Was war das Ergebnis Ihrer Arbeit?
Ein Großteil der Anlagen kann nach unseren Szenarien neu konzessioniert werden. Dies bedeutet, dass bei fast allen Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken entsprechende Erweiterungen und Umbaumaßnahmen wirtschaftlich sind. Bei den Laufwasserkraftanlagen ist es so, dass diese im Referenzszenario nicht alle konkurrenzfähig sind. Das Problem sind neuere Umweltauflagen, die dazu führen, dass beispielsweise die Restwassermenge erhöht werden muss. Dadurch verringert sich die Menge des Wassers, welches für die Energieproduktion zur Verfügung steht. Man muss allerdings ganz klar sagen: die Annahmen, die in den Modellen getroffen wurden, waren für die Wasserkraft zu pessimistisch waren. Bei den jetzigen Entwicklungen des Marktpreises wären nahezu alle Wasserkraftwerke konkurrenzfähig, bei der Liberalisierung des Marktes. Der Schweizermarkt ist bis heute noch nicht liberalisiert.